Shem Thomas

„Shem Thomas – Songs fürs Herz“

Shem Thomas (Thomas Kühnis), Sie haben ein intensives Jahr hinter sich, das geprägt war von Ihrem Erfolg bei „The Voice of Switzerland“. Ein solcher Erfolg verpflichtet aber auch. Konzerte, Interviews, Auftritte in Talkshows… Blieb Ihnen auch Zeit für Erholung, ein freies Wochenende?

Shem Thomas: Während und etwa zwei Monate nach der Show war mein Leben tatsächlich ein wenig kurzatmig und ich musste mit wenig Schlaf auskommen. Danach lockerte es auf und die Geschäftigkeit konzentrierte sich vor allem auf die Wochenenden an denen ich bis zu drei Konzerte spielte.

Eines fällt bei Ihnen respektive bei Ihrem Publikum auf. Sie begeistern mit Ihrer Musik und Ihrem Wesen Kinder wie Erwachsene gleichermassen. So fieberten denn bei den „Voice of Switzerland“ auch ganze Familien mit. Freut sie das?

Shem Thomas: Das freut mich. Und ehrlich gesagt, das hat auch mich etwas erstaunt. Es war mir immer wichtig, nicht einfach eine Show zu inszenieren, sondern vor allem authentisch zu sein. Ich mache Musik wie mein Herz es fühlt. So habe ich mich wohl nicht nur als Sänger, sondern auch als Künstler etabliert. Es ist natürlich schön, wenn verschiedene Generationen davon berührt werden.

Blicken Sie für uns bitte nochmals zurück. Wie kann man sich ein solches Casting vorstellen. Was geht da hinter der Bühne so ab?

Shem Thomas: Grundsätzlich konzentrierte ich mich vor allem auf meine Performances und versuchte locker zu bleiben. Das Schweizer Fernsehen und die ganze Organisation dahinter war natürlich darauf bedacht, dass alles einwandfrei abläuft. Wir hatten klare Zeitstrukturen zum Üben, für Interviews, Auftritte, Styling, Pausen etc… Man könnte sagen, dass stets für uns „gesorgt“ wurde. Oft ging es humorvoll zu und her und es entstand eine fast familiäre Stimmung. Manchmal war es aber auch hektisch und es driftete ein wenig ins Rigide ab.

Wie äusserte sich das?

Shem Thomas: Es gab Situationen, in denen ich mich durchsetzen und klarstellen musste, dass ich keine Marionette bin. Zum Beispiel bei meinem Outfit, bei der Songauswahl, beim Arrangement und bei den Backstage-Interviews.

Bei Ihnen gab es im Vergleich zu den anderen Kandidatinnen und Kandidaten einige Ausnahmen oder Zugeständnisse. Sie durften sich zum Beispiel selber stylen, die eigenen Kleider tragen. Weshalb?

Shem Thomas: Es ist nicht so, dass die anderen das nicht hätten tun dürfen. Vielleicht genossen sie es für einmal, sich neu zu inszenieren. Jeder war da selber verantwortlich. Aber es ist schon so, dass über einen entschieden wurde, wenn man nicht wusste, was man wollte. Für mich war von Anfang an klar, dass ich mir, meiner Kunst und auch meinem Outfit treu bleibe. Ich wäre sonst nie auf die Bühne gegangen. Anfänglich gab es ein paar Auseinandersetzungen, aber schon nach meinem ersten Auftritt war diesbezüglich alles geklärt.

Wer die Sendung mitverfolgt hat, spürte, dass zwischen Ihnen und Ihrem Coach Stefanie Heinzmann ein sehr vertrautes Verhältnis herrschte. Hand aufs Herz, Sie war auch ein Fan von Ihnen, oder?

Shem Thomas: Es liegt in der Natur von Steffi und in der von mir, mit dem Herzen durchs Leben zu gehen. Vielleicht hat uns das sehr verbunden. Ich spürte von Anfang an, dass Steffi meine Ideen gut fand und durfte so eine gewisse Narrenfreiheit geniessen. Es war klar, dass sie mir als Coach weniger Ratschläge geben musste, als vielmehr die Freiheit, zu tun und lassen, was ich als Künstler fühlte. Dafür bin ich sehr dankbar. Wir inspirierten uns gegenseitig.

Sie nennen das Inspiration, andere sagen dem Liebe…

Shem Thomas: Uns verbindet eine herzerwärmende Freundschaft.

Apropos Fans und Liebe. Bekommen Sie jetzt wie ein Rockstar Fanpost, Blumen und Heiratsanträge?

Shem Thomas: (lacht) Ein Heiratsantrag hab ich bis jetzt noch nicht bekommen – das wäre auch nicht der richtige Zeitpunkt, denn momentan ist mir nicht ums Heiraten. Aber ja, ich bekomme viel Fanpost. Als ich noch Strassenmusik machte, hatte ich jeweils Rosen und Nussgipfel im Hut. Jetzt erreichen mich die „Blumen“, Grüsse und Glückwünsch vor allem über die digitalen Kanäle und sozialen Netzwerke. Darüber freu ich mich sehr.

Sie machen seit 20 Jahren Musik und träumten schon seit Jahren davon, als Künstler und Musiker ernst genommen zu werden und von der Musik leben zu können. Das ist Ihnen in diesem Jahr gelungen. Sie haben nun auch einen Plattenvertrag mit Universal im Sack. Haben Sie schon mit den Aufnahmen begonnen?

Shem Thomas: Für mich ist in diesem Jahr tatsächlich ein Traum in Erfüllung gegangen und es ist mir als Künstler gelungen, eine gute Grundlage zu erreichen. Nun dürfen weitere Träume in Angriff genommen werden. Momentan arbeiten wir intensiv am Songwriting und stellen mein Album zusammen. Die Produktion ist im Prozess. Ich möchte aber nicht hetzen. Mir ist wichtiger, ein „shemisches“ Album zu produzieren, als ein langweiliges 0815-Exemplar. Es tut mir leid, dass sich meine Fans noch ein klein wenig gedulden müssen.

Welche Art Musik spielen Sie, gibt es en Singer Songwriter Album?

Shem Thomas: Ich möchte Songs schreiben, die einem im Kopf oder besser noch – im Herzen bleiben. Internationales, Zeitloses interessiert mich. Ich mag die Vorstellung, etwas Eigenes zu kreieren, vielleicht auch verschiedene Musikstile zusammenzubringen. Ich möchte noch nicht zu viel verraten. Schlussendlich soll es auch eine gewisse Überraschung sein. Sicher ist, dass sich meine Stimme wie ein roter Faden durch die Songs zieht.

Als Jahrbuch „Unser Rheintal“ freut es uns natürlich besonders, dass bei all Ihren Interviews im Radio und Fernsehen Ihr Rheintaler Dialekt klar zu hören ist. Mögen Sie ihre Rheintaler Wurzeln, identifizieren Sie sich noch mit dem Rheintal? Und wie äussert sich das?

Shem Thomas: Ich glaube da geht es uns allen gleich. Es ist am Entspannendsten wenn man so redet, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Ich mag den Diepoldsauer Dialekt sehr. Vor allem bei Wörtern wie Stua oder Herrgoless wird mein Herz warm. Der Rhein ist für mich noch heute magisch und ich liebe es, mit dem Velo durchs Riet zu fahren. Ich erlebte aber auch schlimme Zeiten mit meiner Familie. Deswegen sind meine Gefühle gemischt. Identifizieren tu ich mich grundsätzlich als Mensch. Heimat ist für mich vor allem ein Ort im eigenen Herzen.“

Sie sagen, Sie können jetzt von der Musik leben. Wie kann man sich das vorstellen? Sind Sie reich geworden?

Shem Thomas: Auch das Musikbusiness ist ein Teil unseres wirtschaftlichen Systems und man hat als Künstler einen gewissen „Marktwert“. Ich kümmere mich wenig um das Business, dafür sind mein Management und das Label zuständig. Mein Job ist, gute Songs zu schreiben, gut zu performen und einen herzlichen Kontakt mit meinen Fans zu pflegen. Natürlich wird der Marktwert erhöht, wenn man den 2. Platz einer Castingshow belegt und einen Nr.-1-Hit im Sack hat. Entsprechend werden auch die Gagen höher. Auf Lorbeeren kann man sich jedoch nicht ausruhen.

Ist es für Sie etwas Besonderes, wenn Sie im Rheintal auftreten. Oder spielen Sie fast lieber in Zürcher Clubs?

Shem Thomas: (lacht) Es ist tatsächlich nicht unbedingt leichter vor Leuten zu spielen, die man von früher oder von irgendwoher kennt. Es ist aber auch verbindend, gerade auch dann, wenn man den eigenen Dialekt so schön zelebrieren kann und bestens verstanden wird.

Welches war Ihr bisher schönstes, eindrücklichstes Konzert?

Shem Thomas: Das ist schwierig zu sagen. Ich habe in diesem Sommer über 20 Konzerte gespielt und schätzte jedes einzelne. An jedem gab es Momente, die mich bewegten.

Wie fahren Sie nach einem Konzert runter. Wie tanken Sie neue Energie?

Shem Thomas: Ich brauche den Gegenpol zur Öffentlichkeit. Ich brauche es, mich zurückzuziehen und für mich alleine zu sein. Die Natur ist ein wunderbares Umfeld dafür.

Ihr Beruf ist nicht ungefährlich. Vor grossem Publikum werfen die Endorphine Blasen. Und danach alleine im Hotelzimmer – kommt dann die Leere?

Shem Thomas: Ich geniesse es, am Schluss des Tages in meinem Hotelzimmer runterzufahren und den Auftritt Revue passieren zu lassen. Es ist ein wichtiger Reflektions-Zeitpunkt für mich. Meine Musik, meine Kunst ist mir eine Herzensangelegenheit und dabei soll es bleiben. Aber man darf nicht vergessen, es ist auch ein Beruf und ich versuche professionell damit umzugehen. Manchmal wird man umschwärmt und hochgejubelt und manchmal geht man unter.

Wenn Sie eine Prognose wagen – was macht Shem Thomas in fünf Jahren?

Shem Thomas: Eine Prognose wage ich nicht zu machen. Aber ein Wunsch äussern kann ich. Ich wünsche mir, dass ich mit meiner Musik und meinen Songs in den Leuten drin etwas bewegen kann. Und dass ich meine Kunst ganz zu meinem Lebensmittelpunkt machen kann.

Interview: Cécile Alge