Ralph Heule, Interview

Beitrag für das CULINARIUM-Magazin 2017/18

Der Wein-Handwerker

Winzer Ralph Heule gehörte an der Genussakademie 2017 zu den drei Finalisten, die nach der CULINARIUM-Königskrone griffen.

Cécile Alge

Ralph Heule, erzählen Sie, wie kommt ein kaufmännischer Angestellter mit Zweitweg-Matura dazu, Önologe zu werden?

Ralph Heule: Ich habe immer gerne gute Weine getrunken, bin einige Zeit in Bordeaux gewesen und habe auch ein paar Weine von dort mit nach Hause genommen. Während ich die Zweitweg-Matura in St. Gallen absolvierte, befasste ich mich auch mit meiner beruflichen Zukunft. Und da hatte ich quasi ein Schlüsselerlebnis. Das mag jetzt vielleicht seltsam klingen, aber ich erinnere mich genau – es war am Tag der Sonnenfinsternis im August 1999. Danach wusste ich, dass ich Önologe werden will. Nach einem tollen Praktikum beim Weingut Schmidheiny in Heerbrugg war ich mir meiner Sache ganz sicher.

Eine Fügung, die Ihnen nicht nur Freude, sondern auch Erfolg gebracht hat. Sie konnten das Geschäft der Weinbaugenossenschaft Berneck übernehmen und führen es nun unter dem Namen Wein Berneck GmbH. Was ist das besondere an ihrem Betrieb?

Ralph Heule: Er ist klein, aber fein. Aber das schönste ist die Vielseitigkeit und dass ich nun mit meiner Wein Berneck GmbH endlich selbständiger Unternehmer sein kann. Ich habe Reben, Weinkeller und eine wunderschöne Weinbar, in der Konzerte stattfinden – dieser Mix, diese Abwechslung machen sehr viel Spass.

Ein Traumjob also.

Ralph Heule: Absolut.

Man hört jetzt oft von der «neuen Winzergeneration», die Schwung in die Branche bringt. Sie zählt man auch dazu. Was macht diese «neue Generation» denn anders?

Ralph Heule: Es wird weniger Wein produziert als früher. Aber die Weine, die gemacht werden, sind von sehr viel höherer Qualität (natürlich nicht pauschal gemeint). Es findet auch ein Umdenken in Bezug auf die Rebberg-Bewirtschaftung statt. Zudem fliesst der ökologische Gedanke viel mehr in den Produktionsprozess ein als früher.

In Berneck hat es gleich mehrere Kelter-Betriebe. Wie ist das Verhältnis untereinander?

Ralph Heule: Ich würde es als „konstruktive Konkurrenz“ bezeichnen. Konkurrenz muss nichts Schlechtes bedeuten, da es das Geschäft belebt und die Produkte-Qualität steigert.

Kann da jeder Betrieb überleben?

Ralph Heule: Wir machen in Berneck zum Glück alle gute Weine und sitzen im selben Boot zusammen. Ob alle Überleben können, kann ich nicht beurteilen, da ich keine Zahlen kenne – ich denke aber schon.

Auffallend ist, dass in den letzten Jahren ganz andere Traubensorten angebaut werden als früher.

Ralph Heule: Ja, zum Beispiel qualitativ hochstehende Merlot-Trauben, die zu einem exzellenten Wein gekeltert werden. Früher konnte man davon nur träumen.

Wie ist das denn möglich geworden?

Ralph Heule: Früher war es verboten, etwas anderes als Pinot Noir oder Riesling-Sylvaner anzupflanzen. Heute ist jede Traubensorte erlaubt. Zudem haben wir ein milderes Klima, dieses lässt Königs-Sorten wie Merlot bei uns reifen.

Sie sind ein Verfechter der Biodiversität und bekannt dafür, dass in Ihren Rebbergen keine Unkrautvernichtungsmittel eingesetzt werden. Und trotzdem ernten Sie Spitzenqualität. Was machen die anderen falsch…. oder was machen Sie anders als andere? 

Ralph Heule: Ich kann keine Herbizide einsetzen, weil ich es nicht ansehen kann, wenn die Pflanzen unter den Reben abgestorben sind. Wenn man eine Blume beobachtet, die vergiftet wird, sieht man folgendes: sie wird zuerst blass, dann senkt sie den Kopf und verdorrt. Schrecklich. Da mähe ich lieber alle Rebberge von Hand. Das ist zwar etwas aufwändiger, aber man kann ja dabei sogar noch Geld sparen. Man treibt Sport und muss keine Herbizide kaufen.

Und der Boden rund um die Reben bleibt gesund.

Ralph Heule: Genau. Dieser Effekt auf die Rebe und die Wurzel ist gross, denn die gesunde Erde ist viel belebter (Mikroorganismen). Zudem kommen die Mykorrhizapilze, die der Rebenwurzel helfen die Nährstoffe auszunehmen, in grösserer Zahl vor als bei einem weniger belebten Boden.

Sie erhoffen sich, dass immer mehr Leute im Rheintal die Weinkultur kennen und schätzen lernen?

Ralph Heule: Ja. Ich denke sogar, das kommt automatisch, weil wir hier wirklich schon sehr schöne Weine keltern.

Sind denn die Rheintaler nicht eher ein Volk von Biertrinkern?

Ralph Heule: Ich denke nicht – die Rheintaler trinken vor allem gerne. (lacht) Und es muss gut schmecken…

Was ist Ihnen bei Ihrer Arbeit wichtig?

Ralph Heule: Das wichtigste ist die Freude. Das Leben ist zu kurz, um jeden Tag etwas zu machen, das einen langweilt. Und ich möchte selber der Handwerker sein und viel bei der Weinproduktion selber machen.

Viele Branchen haben sich in den letzten Jahren verändert, können manchmal mit dem Fortschritt und der Konkurrenz aus dem Ausland nicht mehr mithalten. Wie sieht das im Weinbau aus?

Ralph Heule: Im Weinbau liegt noch sehr viel Potenzial und das will ich ausschöpfen. Kurz gesagt: unsere Weine sollen die Natur pur im Glas widerspiegeln.

Was bedeutet für Sie persönlich Wein?

Ralph Heule: Wein ist jedes Jahr eine neue Herausforderung. Man strebt immer danach, den besten Wein zu machen. Die Natur macht einem manchmal einen Strich durch die Rechnung – aber damit zu leben ist eigentlich spannend. (diese Frage und Antwort könnten wir allenfalls weglassen. Das Interview ist ein bisschen zu lang)

 

Haben Sie eigentlich einen Lieblingswein?

Ralph Heule: Nein, eher «Lieblingsweinmacher». Ich trinke gerne Weine von Schweizer Kollegen. So kann ich mich auch vergleichen. Die machen allerdings auch nicht jedes Jahr denselben Wein. Ich kann aber sagen, dass ich die Traubensorte Merlot sehr mag und auch Pinot Noir.

Welches ist Ihr schönstes Erlebnis in Zusammenhang mit Wein oder mit Ihrem Beruf?

Ralph Heule: Die Natur in den Rebbergen, die gefühlte Freiheit.

Zum Schluss noch ein Ausblick? Welches berufliche Ziel haben Sie im Visier?

Ralph Heule: Ich möchte Weine machen, die ich selber gerne trinke und in ein paar Jahren nach biodynamischen Grundsätzen produzieren.

 

Person und Produkt:

Ralph Heule (44) ist in Balgach aufgewachsen. Nach einer KV-Lehre und der Maturitätsschule für Erwachsene begann er als 28-Jähriger das Önologie-Studium. Danach folgten Auslandaufenthalte in Argentinien und Italien. Vor seinem Wechsel nach Berneck führte er einen renommierten Weinbetrieb in Wilchingen SG. Nun lebt er mit seiner Familie in Berneck.

Die Wein Berneck GmbH produziert jedes Jahr und 40000 Flaschen Wein. Vor allem die Sorten Pinot Noir, Riesling-Sylvaner, Merlot und Scheurebe. Mehr Infos unter www.wein-berneck.ch